ALLTAG IM SCHMELZTIEGEL
CULTURE CLASH

Soviel habe ich gerade eigentlich gar nicht zu berichten. Die ersten paar Tage sind wohl oft die spannendsten, in denen am meisten passiert. Danach läuft es, egal ob in Wasseralfingen auf der Ostalb oder hier in London, mehr oder weniger in geregelten Bahnen ab. Willkommen im Alltag.

Meine Vermieterin sorgt auf jeden Fall immer für Unterhaltung. Sie steckt gerade in einem kleinen Liebesdrama, was sie ein wenig konfus werden lässt. Einmal stürmt sie nachts um 2 in mein Zimmer rein, um wohl, wie sie es sonst gewohnt war, an den Kleiderschrank zu gehen. Sie entdeckt mich und stürzt laut “sorry, sorry” rufend wieder raus. Das andere Mal kommt sie etwas geistesabwesend in die Küche, zieht sich einen Eimer Häagen-Dazs aus dem Kühlschrank und stellt ihn in die Mikrowelle. “It’s such a weird day” meinte sie davor noch.

Gesprächsthema Nummer 1 in ganz London war in den letzten Tagen und Wochen die Mayorwahl. Ken vs. Boris. Bendy bus vs. Routemaster. Das war überhaupt die Farce an der ganzen Sache. Die Wiedereinführung der Routemasterbusse zum Wahlkampfthema zu machen. Als wenn die Stadt keine anderen Probleme hätte. Wird sich zeigen, ob sich die Londoner mit der Abwahl von Ken Livingstone nicht ins eigene Fleisch schneiden.

Ansonsten läuft die Studioarbeit auf Hochtouren. Haben uns sogar nen Fußball und ne Ballpumpe bestellt. Kicken aber seither nur im Studio, was Holli nicht gerne sieht, oder draußen im Laubengang. Anna ist seit einer Woche wieder in Würzburg, wäre wohl noch ein halbes Jahr hiergeblieben. Tja, als Student ist man eben doch nicht so frei =)

Jan und ich haben seither nur einmal unseren Allerwertesten wieder aus dem East End rausbewegt, um unsere Nasen an den Bildschirmen im Apple Store in der Regent St platt zu drücken. Wir haben uns dieses Wochenende im Studio einquartiert, um mit unseren Portfolios zu beginnen. Endlich. Gar nicht so einfach, sich erstmal einen Überblick über alle in und neben der FH gelaufenen Projekte zu verschaffen.

Gestern Nacht bekam ich dann innerhalb von 30 Minuten das ganze Spektrum einer Großstadt geboten: In den Bus eingestiegen, Richtung Shoreditch. Im Bus bekam ich dann nach anfänglicher lauter Auseinandersetzung zwischen zwei Mädels dann nen richtigen Catfight zu sehen. Unschön. Sehr unschön.

Sie lagen sich sprichwörtlich in den Haaren und waren nur schwer zu trennen. Auslöser waren diverse Beschimpfungen, darunter auch Tiefschläger wie “blacks can’t read”. Der Bus musste dann ne Weile stehen. Ende der Geschichte: 2 Polizeiwagen und 1 Asthmaspray für die Angreiferin um wieder runterzukommen.

Also musste ich den nächsten Bus nehmen. Ähnliche Konstellation: Nahezu dieselben Sitze, dieses mal ein Dunkelhäutiger und eine Asiatin, die ein wenig plauderten und dann auf Papierfetzen geschriebene Telefonnummern austauschten.

Wahnsinniges Kontrastprogramm. Man merkt, dass hier jeder sein eigenes Süppchen kocht und das schmeckt nicht jedem. Vor allem wenn es dann noch mit primitiven rassistischen Äußerungen gewürzt ist. Das schlägt zurecht auf den Magen. Hier gibts auf jeden Fall genug Stoff, um bis ans Lebensende Filme zu drehen oder Groschenromane zu schreiben.

PICTURES

  1. Ja in good old G geht es doch gesitteter zu, als man als eingefleischter Bewohner vermutet. Da muss man erst mal woanders hinfahren…
    Viel Spass noch und nette Pics

  2. Was will Jan mit diesem “Kleidungsstück” eigentlich aussagen? Hast du auch sowas freakiges, Jo?

  3. Schöne Bilder. Bist also mal hoch, ja, von da aus kann man London schön erblicken. :) Genieß deine Woche alter MANN. Bussi

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